Liebe Leserinnen und Leser,
...es muss schon einiges im Argen liegen, wenn ein seit langer Zeit bekannter Termin kurzfristig noch verschoben wird. So scheint es auch bei den Vorbereitungen zum EU-Gipfel zu sein. Nun trafen sich die Staats- und Regierungschefs am Sonntag in Brüssel und wohl erneut in der kommenden Woche. Ursprünglich wollten sie schon Anfang der 42 Woche tagen. Doch man benötige mehr Zeit, um eine „globale Strategie mit Blick auf die Schuldenkrise in der Eurozone abschließend auszuarbeiten“, ließ Ratspräsident Herman van Rompuy wissen. Ein trauriges Eingeständnis. Offensichtlich waren die EU-Mitgliedstaaten trotz monatelanger Beratungen nicht in der Lage, einen zu Ende gedachten Plan zu entwickeln.
Die anstehenden Entscheidungen haben weitreichende Bedeutung: Neben der Tragfähigkeit der griechischen Schuldenlast wird es auch um die umstrittene Bankenkapitalisierung und die Effizienz des Euro-Rettungsfonds (EFSF) gehen. Denn ungeachtet aller Rettungsmaßnahmen und Beschlüsse in den vergangenen Monaten steht Europa nach wie vor – oder schon wieder? – hart am Rande einer Krise. Banken drohen erneut ins Taumeln zu geraten, wehren sich aber mit allen Kräften gegen höhere Eigenkapitalvorgaben. Die Kreditwürdigkeit Frankreichs könnte herabgestuft werden und die diskutierten Pläne zur so genannten Hebelwirkung des Euro-Rettungsfonds (EFSF) schlagen hohe Wellen in der politischen und öffentlichen Debatte. Dass nun auch die Bürgerinnen und Bürger ihren Unmut bei europaweiten Demonstrationen massiv kundtun, ist daher nicht überraschend.
Bei der Überwindung der Schuldenkrise werden in weiten Teilen falsche Schwerpunkte gesetzt. Spardiktate alleine werden die Situation nur verschlimmern. Wir brauchen vielmehr ein ausgewogenes Programm, das auf eine nachhaltige Konsolidierung der Staatsbudgets setzt und gleichzeitig durch eine gezielte Investitionspolitik für Wachstum und steigende Staatseinnahmen sorgt. Erst bei der letzten Plenarsitzung im September haben wir deshalb bei wesentlichen Teilen des Stabilitäts- und Wachstumspakts für politische Alternativen plädiert. Es passt aus unserer Sicht schlicht nicht zusammen, milliardenschwere Hilfspakete für Banken zu schnüren, während die Verschuldung mit rigiden Spardiktaten ohne Rücksicht auf Bildungsinvestitionen und Wachstumsimpulse verringert werden soll. Daher werden wir auch das aktuelle Geschehen kritisch beobachten.
Diese Thematik zeigt zudem einmal mehr, dass europäische Politik nicht einfach zu vermitteln ist. Aus diesem Grund verleiht das Europäische Parlament jährlich einen Journalistenpreis, mit dem Journalisten ausgezeichnet werden, die europäische Themen aufgegriffen bzw. durch ihre Arbeit zu einem besseren Verständnis der EU-Institutionen und der europäischen Politik beigetragen haben. Jetzt wurden die Preise für 2011 vergeben, jeweils in den Kategorien Radio, Print, Online-Artikel und Fernsehen. Der Preis für das beste Radio-Programm ging nach Deutschland für einen Beitrag über den Umgang der Europäischen Union mit Flüchtlingen. Nähre Informationen hierzu finden Sie hier.
Unser Blick auf die Agenda:
• Arbeitsmarkt: Für nachhaltige und sozial verträgliche Reformen
• Haushaltsordnung: Effektivere Kontrolle für verwendete EU-Gelder
• Satellitennavigation: Kooperationen mit Norwegen und den USA
• Kindesmissbrauch: Maßnahmen zur Prävention deutlich verbessert
• Besuch in Brüssel: Besucherzentrum „Parlamentarium“ eröffnet
Wir wünschen Ihnen eine gute Lektüre!
Ihre SPD-Europaabgeordneten