In ihrem bisher 50. Wahlkreis-Gespräch mit Experten begrüßte unsere Landtagsabgeordnete Barbara Schleicher-Rothmund im sehr gut besetzten Bürgerhaus in Neuburg als Experten diesmal Christoph Habermann. Dieser ist als Staatssekretär in Mainz intensiv mit der Bearbeitung und Umsetzung der Pflegeversicherungsreform des Bundes befasst. Er stellte wesentliche Punkte des geplanten Reformgesetzes dar und stellte sich in der schließenden Diskussion den Fragen von Bürgerinnen und Bürgern, die aus der gesamten Verbands-gemeinde nach Neuburg gekommen waren.
An den Anfang seiner Ausführungen stellte Habermann, dass es in Deutschland derzeit etwa 2 Millionen Pflegebedürftige gebe und dass zum Jahr 2030 mit 3 Millionen Pflegebedürftigen zu rechnen ist. Die Notwendigkeit einer Reform der Pflegeversicherung ist unbestritten und wurde im Vorjahr durch den Koalitionsausschuss der Berliner Großen Koalition ausdrücklich gebilligt. Mit dem von unserer Bundesministerin Ulla Schmidt vorgelegten Gesetzesentwurf sind die SPD, die Länder mit SPD-Regierung und grundsätzlich auch alle unionsregierten Bundesländer einverstanden.
Die endgültige Verabschiedung durch den Bundestag wird bisher von der Fraktion der CDU/CSU im Bundestag verhindert. Es sei zwar so, dass einige wichtige Punkte im jetzigen Gesetzentwurf noch nicht behandelt sind, aber die jetzigen grundsätzlichen Verbesserungen und Weichenstellungen tragen bereits zurecht den Namen einer Reform und sollten dringend entschieden werden.
- Ganz wesentlich sei die Möglichkeit, bundesweit unabhängige Betreuungsstellen einzurichten. In Rheinland-Pfalz gibt es seit Jahren über 130 derartige, unparteiische und nicht an Einnahmen durch die Beratungsleistung ausgerichtete Stellen. Diese beraten nicht erst, wenn ein Pflegefall eingetreten ist, sondern auch schon vorher. Die Beratung erfolgt dabei nach einem ganzheitlichen Ansatz, bezieht sich also auf sämtliche Bedürfnisse der gepflegten oder zu pflegenden Person.
- Mit dem Gesetz werden Leistungsverbesserungen bei den ambulanten Diensten erreicht, ohne die Leistungen für die stationäre Pflege zu reduzieren.
- Die Bildung von Wohngemeinschaften Älterer soll unterstützt werden, der Verbraucherschutz, etwa durch unangemeldete Kontrollen von Heimen, soll verbessert werden.
Die Leistungsverbesserungen erfordern allerdings eine Anhebung des Beitragssatzes zur Pflegeversicherung um 0,25%. Damit dürften die Kostensteigerungen bis zum Jahr 2014 aufgefangen werden können. Eine deutlichere Leistungsverbesserung sei zwar aus Sicht der SPD sehr dringend, erfordere aber entweder eine weitere Anhebung des Beitragssatzes oder eine zunehmende Finanzierung der Pflegeversicherung aus Steuermitteln. Beides ist derzeit nicht realisierbar. Im Gesetz noch nicht geklärt sei beispielsweise die Überarbeitung der Pflegestufen.
Staatssekretär Habermann zeigte sich davon überzeugt, dass der Widerstand der CDU-Fraktion spätestens in der Sitzung des Koalitionsausschusses am 6. März beendet wird. - Inzwischen hat der Fraktionsvorsitzende der CDU bereits zugestimmt, dass das Gesetz jetzt verabschiedet werden soll.. Hierüber haben wir an anderer Stelle der Homepage berichtet.
In der anschließenden rund eine Stunde dauernden Diskussion nahm Christoph Habermann zu vielen persönlichen Fragen Stellung. Dabei ging es um Einzelheiten des neuen Gesetzes mit den Beratungsstellen, den Möglichkeiten, Pflegebedürftigen mehr Entscheidungsrechte einzuräumen sowie den Umfang und die Organisation von ambulanten und stationären Leistungen aus der Pflegeversicherung. Unser stellvertretender Landrat Reiner Strunk ergänzte die einleitenden Aussagen des Staatsekretärs, dass im Kreis Germersheim ca. 78% aller Pflegebedürftigen ambulant gepflegt werden.