Der Parteivorsitzende und Ministerpräsident nutzte überzeugend die Gelegenheit, in Form von Kritik „Asche aufs Haupt zu streuen“, aber auch auf die Ziele der SPD und die Leistungen der eigenen Regierung hinzuweisen. Fast schon als Politiksatire konnte man einige Charakterisierungen politischer Gegner verstehen: Die Hin-und-Her-Windungen mancher Personen, die ihn auch schon einmal den Ringelschwanz eines Schweines als geradlinig erscheinen lasse, könne man oft nicht nachvollziehen.
Als Schwerpunkt seiner Rede wies er nach einigen tagesaktuellen Bemerkungen auf die Wegweiser für eine aktuelle Politik aus den weit über Hundert Jahre alten Traditionen der Partei hin:
Wenn die CDU im Dezember 2007 ausdrücklich behauptet, die politische Mitte zu besetzen, im darauffolgenden Landtagswahlkampf in Hessen aber nach dem Motto verfährt, „der Zweck heiligt jedes Mittel“, handele diese Partei unverantwortlich. Ein Spitzenkandidat, der weite Teile der Bevölkerung als Außenseiter ansieht und diffamiert, habe jeden Maßstab dafür verloren, was in unserer Gesellschaft zulässig sei und was nicht. Die Niederlage bei der Landtagswahl sei die passende und richtige Antwort der Wähler gewesen.
Wenn jetzt in Bayern durch die CSU vor einer „blutroten“ Koalition gewarnt werde, müsse deutlich auf diese schlimme Wortwahl hingewiesen werde. Denn Blut habe Hitler über das deutsche Volk gebracht, die SPD war Opfer und kein Handlanger von Hitler.
Aber auch mit denjenigen, die im Westen Deutschlands nur Illusionen verbreiten und an ihrer Spitze jemanden haben, der die Partei im Stich gelassen habe, „habe ich nichts am Hut“.
Die SPD gehe ihren politischen Weg nach ihren Grundüberzeugungen zu Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität.
Solidarität als wesentliche Grundlage für die Politik bedeute auch ein friedliches Zusammenleben aller Völker der Welt, wie dies schon vor rund 150 Jahren von der SPD gefordert worden sei. Die Weltwirtschaftsordnung müsse den Menschen auf der ganzen Welt Zukunftsperspektiven bieten. Es sei Illusion, die weltweite Globalisierung der Wirtschaft einfach ablehnen oder bekämpfen zu können. Man müsse versuchen, auf die Globalisierung im Sinn unserer Grundüberzeugungen Einfluss zu nehmen und sie zu gestalten.
Hierzu gehöre, dass wir uns im weltweiten Wettbewerb nur durch Qualität, nicht durch Billigstlöhne behaupten könnten.
Unverzichtbar für die SPD seien die betriebliche wie die überbetriebliche Mitbestimmung. Wer die Mitbestimmung schwäche und den Kündigungsschutz reduzieren wolle, schwäche die Gewerkschaften. Langfristig seien die Auswirkungen noch erheblich gravierender: Denn mit der dann steigenden beruflichen Unsicherheit werde die Bindung innerhalb der Familien und der Gesellschaft, die Bereitschaft zur Gründung von Familien und die persönliche, meist ehrenamtliche Mitwirkung in den verschiedenen Gruppierungen zum Wohl unseres Landes gefährdet.
Auf die Einführung gesetzlicher Mindestlöhne werde die SPD ebenfalls nicht verzichten. Löhne, von denen man nicht leben könne und die durch zusätzliche, staatliche Sozialleistungen „aufgestockt“ werden müssten, gingen zu Lasten aller Bürger. Sie führten zudem mit ihren niedrigeren Versicherungsbeiträgen zu niedrigeren Renten und verschärften die jetzt schon teilweise bestehende Altersarmut.
Die SPD habe als Partei die Überzeugung, die Zukunft Deutschlands müsse so gestaltet werden, dass alle Menschen ihre Chancen haben. Junge Menschen benötigen oft Mut, ihr Leben selbstverantwortlich zu gestalten, Familien zu gründen und Kinder zu bekommen. Hierfür müsse die bestehende Infrastruktur nicht nur erhalten, sondern ausgebaut werden. Dies habe Rheinland-Pfalz unter der SPD-Regierung seit Jahren bereits begonnen, etwa mit der Verringerung der Kindergartenbeiträge, der umfangreichen Bereitstellung von Krippen- und Hortplätzen, aber auch der weiter bestehenden Studiengebührenfreiheit und der Schulentwicklung durch die künftige Realschule Plus. Wenn diese Politik der SPD fortgeführt werde, könne sich unsere älter werdende Gesellschaft so entwickeln, dass auch die älteren Menschen angemessene Lebens-Chancen haben oder erwarten können.
Am Ende seiner Ausführungen betonte Kurt Beck, dass die Sozialdemokraten sich zu ihrer Geschichte und dem demokratischen Sozialismus auf der Grundlage von Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität bekennen. Als älteste deutsche demokratische Partei lasse sie sich nicht aus der politischen Mitte herausdrängen und als „nichtbürgerliche Partei“ diffamieren oder über ihre Grundwerte von links oder rechts belehren. Selbstverständlich respektiere die SPD diejenigen Bürgerinnen und Bürger, die sich in anderen demokratischen Parteien engagieren, aber sie habe ebenfalls den Anspruch, respektiert und nicht diffamiert zu werden.
Mit lang anhaltendem und stehendem Beifall dankten die Gäste Kurt Beck für seine Rede.